[Autor: Maximilian Höhnke]

Ulrike Fokken – Autorin der TAZ – stellt in Ihrem Beitrag Verzicht ist neue Freiheit wunderbar dar, wie getrieben wir von unserem Belohnungssystem im Gehirn sind. Sie zeigt, welch absurdes Verständnis von Öko uns täglich vorgespielt wird und welche Konsequenz wir eigentlich daraus ziehen sollten. Der Artikel hat mich sehr inspiriert, sodass ich versuchen möchte, ihren Beitrag für Euch noch einmal etwas zu konzentrieren und mit einigen Gedanken anzureichern.

Als immer wiederkehrendes Beispiel zieht auch sie mal wieder die Elektromobilität heran: Wie grün ist es doch mit sauberem Windstrom von A nach B zu kommen, die Einzelteile des Fahrzeugs zu recyceln, um wieder ein neues Auto zu bauen…Das ist doch ressourcenschonend und nachhaltig, oder?!

Das Fazit ist jedoch wie so oft eine Frage der Perspektive. Nimmt man das derzeitige Konsum- und Mobilitätsverhalten als Referenz, scheint der erste Eindruck zu stimmen. Erwägt man jetzt allerdings gänzlich auf die Fahrt von A nach B zu verzichten oder mit dem Fahrrad zu fahren, erscheint das Bild in einem ganz anderen Licht.

Nun kommen wir zur eigentlichen Krux: dem Verzicht. Verzicht fühlt sich für uns an wie „freiwillig zu kurz zu kommen“. Wieso soll ich mir etwas nicht kaufen, wenn ich es mir doch leisten kann? Ein paar neue Schuhe, ein Flug nach Barcelona oder eben das neue Auto. Klar, die CO2-Bilanz eines Elektrofahrzeugs ist ab ca. 60.000 km besser als die eines Verbrennungsfahrzeugs. Wir können doch aber nicht ernsthaft glauben, dass wir damit den Klimawandel und das Artensterben verhindern. Unser Lebenswandel der Vergangenheit ist leider nicht durch eine jetzige Mäßigung mit Öko-Produkten auszugleichen. Die beste Alternative zum Verbrennungsfahrzeug ist also nicht das Elektroauto, sondern eben kein eigenes Fahrzeug.

In Deutschland war – neben Eigenheim und Vollzeitarbeitsplatz – das Auto lange der Inbegriff von Wohlstand. Mit dieser Lebensphilosophie bekannte man sich zum „Normalen“. Selbst das Elektrofahrzeug gilt gesellschaftlich schon als Aufbruch zu Neuem, obwohl es immer noch eine „1,5 t schwere Blechkiste“ ist, die überwiegend ungenutzt herumsteht.

Verzicht heißt somit auch völlig neu zu denken, sich der Konsequenzen seines Handelns bewusst zu werden und daraufhin eine Entscheidung zu treffen – ohne sich im Belohnungssystem zu verheddern. Verzicht bedeutet somit eigentlich Freiheit – Freiheit zu souveräner Entscheidung, Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen und Freiheit von externer Erwartungshaltung. Jeder, der auf die Produkte verzichtet, die angeblich jeder immerzu kaufen muss, um dazu zu gehören, schafft sich wieder Freiheit und Unabhängigkeit, sein eigenes Ding zu machen.

In Städten sind Autos schon lange nicht mehr hip. Nur jeder fünfte macht noch einen Führerschein. Mit dem Kauf eines immer größeren Flachbildfernsehers verbessert sich leider das Programm immer noch nicht. Und täglich von A nach B jetten, um allen anderen Menschen gerecht zu werden, nur nicht sich selbst, stiftet auch keine Zufriedenheit.

Denken wir noch einmal einen Schritt weiter: Was heißt es eigentlich, wenn ich gar nicht mehr so viele Dinge kaufen muss oder will? Richtig, ich benötige viel weniger Geld, kann weniger arbeiten, und habe viel mehr Zeit mein Leben zu genießen.

Zum Abschluss gibt es noch eine gute Nachricht: Der Wandel hat längst begonnen und er nimmt immer mehr Form an. Vor einigen Jahren z. B. schien es unmöglich, dass mittlerweile über 2 Millionen Menschen in Deutschland auf Fleisch verzichten. Das zeigt: Verzicht verliert seinen Schrecken und immer mehr Menschen stellen fest, dass sie mit weniger sogar mehr von ihrem Leben haben.

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